Teure Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen oder besser in einen ETF Sparplan investieren?

Verbraucherschützer und Politiker sind sich alle einig. Laut ihnen sollte jeder der seinen Lebensunterhalt mit seinem Beruf bestreiten muss eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Diese bezahlt eine sogenannte Berufsunfähigkeitsrente für den Fall, dass man seinen Job aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls dauerhaft nicht mehr ausüben kann. Doch diese Verträge sind nicht günstig. Sie zählen sogar zu den teuersten Versicherungen überhaupt. Wenn man sich ordentlich absichern möchte, werden nicht selten Beiträge von hundert Euro und mehr pro Monat fällig. Über die komplette Laufzeit, üblicherweise bis zum gesetzlichen Renteneintritt, kommt hier schnell eine Summe von über 40.000 € zusammen. Und dabei ist noch nicht einmal sicher, ob man jemals daraus eine Leistung beziehen wird. Da stellt sich doch die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, stattdessen Geld beiseite zu legen, um so für den Fall der Fälle vorzusorgen. Der Vorteil wäre, dass man sich ein hübsches Sümmchen bis zum Renteneintritt aufbauen würde, vorausgesetzt es tritt bis dahin keine Berufsunfähigkeit ein. Immerhin kommt der überwiegende Anteil der Menschen ohne Berufsunfähigkeit durchs Arbeitsleben. Doch ist es wirklich sinnvoll, beispielsweise in einen ETF-Sparplan zu investieren, statt eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen? Am besten rechnen wir das mal durch und schauen was dabei herauskommt. Um es entscheiden zu können, müssen wir natürlich bestimmte Annahmen treffen.

 

Was kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung eigentlich?

Zunächst geht es erst einmal darum, wie teuer eine Berufsunfähigkeitsversicherung in Wirklichkeit ist. Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise dem Beruf, der BU-Rentenhöhe, dem Alter und der Vertragslaufzeit, um es einfach zu
erklären.

Beispiel: Ein Kaufmännischer Angestellter der 30 Jahre alt ist und für den Fall einer Berufsunfähigkeit eine monatliche BU-Rente von 2.000 € versichern möchte, muss beim günstigsten Anbieter ungefähr mit einem Beitrag von 90 € pro Monat rechnen. Wenn er ein staatlich anerkanntes Studium vorweisen kann, wäre ein Rabatt möglich und der Beitrag sinkt auf 75 €. Über eine Laufzeit von 37 Jahren würden im ersten Fall ohne Studium rund 39.960 € an Beiträgen fällig werden. Der Akademiker zahlt etwas weniger, aber immerhin auch noch 33.300 €.

Das ist viel Geld, für eine Versicherung, die nur in circa 20 % der Fälle zum Tragen kommt. So viele Versicherte werden im Durchschnitt berufsunfähig und erhalten dann die versicherte Leistung. In unserem Beispiel wären das 2.000 € pro Monat, also 24.000 € im Jahr.

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Wie lange zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung durchschnittlich?

Um es weiter bewerten zu können, ob der ETF-Sparplan nicht die bessere Alternative wäre, muss man sich noch anschauen, wie lange die durchschnittliche Rentenzahlungsdauer bei einer Berufsunfähigkeit ist. Denn in den wenigsten Fällen ist es so, dass die BU-Rente bis zum Ende der Vertragslaufzeit mit 67 ausgezahlt wird. Versicherte werden wieder gesund oder versterben an den Folgen der Krankheit oder des Unfalls. Dann stellt der Versicherer die Rentenzahlung natürlich wieder ein. Je nachdem, welche Studie man sich dazu durchliest, kommt man bei der Leistungsdauer auf einen Mittelwert von circa 5 Jahren. So lange leisten die Versicherer durchschnittlich. Nun wissen wir, mit welchem Geldwert in Form der Rentenzahlung wir den ETF-Sparplan vergleichen können.

Annahme: Berufsunfähigkeit tritt nur für 3 Jahre ein.

Um zu vergleichen, ob ein ETF-Sparplan sich lohnen würde, um das Risiko einer vorübergehenden Berufsunfähigkeit abzusichern, müssen wir zu guter Letzt noch definieren, von welcher Renditeerwartung wir ausgehen. Durchschnittlich hat der MSCI World Index seit 1970 pro Jahr rund 7 % Rendite gebracht. Wenn man nun die Verwaltungskosten für einen günstigen ETF von rund 0,2 % pro Jahr sowie durchschnittliche Transaktionskosten von 1,5 % pro Sparplanausführung und die Abgeltungssteuer bei Verkauf abzieht, kommen wir auf eine Nettorendite von ungefähr 6 % pro Jahr. Damit können wir jetzt unsere Kalkulation aufstellen:

Rechenbeispiel: Wir gehen davon aus, dass eine Berufsunfähigkeit bei unserem 30-jährigen Nichtakademiker der rund 90 € monatlich für seine BU bezahlt, erst mit 55 Jahren eintritt und dann auch nur für eine Dauer von 3 Jahren. Dann  würden folgende Auszahlungen zur Verfügung stehen:

  1. BU-Rentenzahlung der Versicherung für 3 Jahre = 72.000 € (Rentenzahlung für 3 Jahre)
  2. 90 € ETF-Sparplan mit 6 % Nettorendite = 61.179,42 € (Guthaben)

Die Differenz liegt bei 10.820,58 € zugunsten der Berufsunfähigkeitsversicherung. Man sieht an diesem Beispiel, dass selbst bei einer relativ kurzen Dauer einer Berufsunfähigkeit von 3 Jahren, der ETF-Sparplan hinten liegt. Das bedeutet nicht, dass es schlecht ist, einen ETF zu besparen. Ganz im Gegenteil, es ist eine hervorragende Möglichkeit, um günstig und einfach Vermögen aufzubauen. Er eignet sich aber nur bedingt, das Risiko einer Berufsunfähigkeit abzusichern.

 

Teure BU-Policen meiden

Die Rechnung sieht natürlich schlechter aus, wenn man eine zu teure Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt. Statt der 90 €, die beim günstigsten Anbieter aus dem Beispiel von oben fällig werden, kann man als Verbraucher auch bis zu 180 € für eine BU bezahlen. Dabei sind die Leistungen bei dem teuren Tarif nicht wirklich besser. Man muss wissen, dass die Versicherer die einzelnen Berufe vom Risiko unterschiedlich kalkulieren und dadurch sehr hohe Preisspannen entstehen. Bei einem Beitrag von 180 € für dieselbe BU-Rente (2.000 €) würde sich aufgrund des höheren Beitrags die BU erst nach 5 Jahren Leistungsdauer im Vergleich zum ETF-Sparplan rechnen. Natürlich nur unter der Annahme, dass der exakte Betrag alternativ in den Sparplan investiert werden würde und man auch von mit einer 25-jährigen Spardauer bis zu Berufsunfähigkeit kalkuliert. Grundsätzlich sollte man immer darauf achten, nicht zu teure Tarife abzuschließen. Also immer schön vergleichen, dann kann man die Differenz zusätzlich für den Vermögensaufbau beispielsweise in ETFs investieren.

 

Fazit

Das Risiko einer Berufsunfähigkeit kann man in den allermeisten Fällen leider nicht mit Sparen absichern. Natürlich hat man zum Rentenbeginn mehr auf dem Konto, wenn man die Beiträge für die Berufsunfähigkeitsversicherung in einen ETF Sparplan investiert. Das gilt nicht, wenn es wirklich zu einer Berufsunfähigkeit aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls kommt. Dann ist die BU die beste Kapitalanlage, die man sich vorstellen kann. Bei unserer Annahme einer 3-jährigen Berufsunfähigkeit nach 25 Jahren wäre die Rendite bei umgerechnet 7,1 %, und das so sicher wie auf einem Sparbuch ohne Wertschwankungen. Je früher ein Leistungsfall eintritt oder desto länger dieser andauert, umso höher wird die implizite Rendite der Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn man diese als Kapitalanlage betrachtet. Zudem muss ergänzt werden, dass man bei einem ETF-Sparplan auch nicht in jedem Zeitraum mit einer 6 prozentigen Nettorendite kalkulieren kann. Immerhin gibt es auch Zeiträume, in denen die Wertentwicklung geringer oder sogar negativ ausgefallen ist.